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Vorsorgeauftrag: Die Selbstbestimmung wahren

8. Mai 2023 - 
Diverses

Wer selber bestimmen will, wie es im Fall einer Urteilsunfähigkeit weitergeht, trifft mit dem Vorsorgeauftrag die richtige Wahl.

Zugegeben, der Gedanke ist unangenehm. Aber es kann jeden von uns treffen – dass wir aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls unsere Urteilsfähigkeit verlieren. Wenn weder eine Patientenverfügung noch ein Vorsorgeauftrag vorliegen, können die Angehörigen zwar ein Stück weit die Interessen einer urteilsunfähigen Person wahrnehmen: Sie werden zu Rate gezogen, wo es um Alltagsfragen oder medizinische Massnahmen geht. Damit hat es sich aber. Für alles Weitere bestellt die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) einen Beistand.

Vertrauenspersonen selbst benennen

Wer Wert darauf legt, auch im Fall einer Urteilsunfähigkeit seine Selbstbestimmung zu wahren, tut also gut daran, einen Vorsorgeauftrag zu erstellen. Er verschafft die Freiheit, selber eine oder mehrere Vertrauenspersonen zu bestimmen, welche die eigenen Interessen wahrnehmen, wenn man selber dazu nicht mehr in der Lage ist. Als Vertrauenspersonen kann man sowohl Familienmitglieder (z.B. die eigenen Kinder) wie auch aussenstehende Personen benennen. Grundsätzlich gibt es drei Bereiche, die man mit einem Vorsorgeauftrag idealerweise regelt. Ob man eine einzelne Person für alles benennt oder für jeden Bereich eine andere Vertrauensperson bestimmt, entscheidet man selber. Möglich ist beides.
 

Personensorge

Die Personensorge umfasst alles, was mit der Persönlichkeit des Auftraggebers oder der Auftraggeberin zusammenhängt. Also zum Beispiel das Wohnen, das Öffnen der Post, die Vertretung bei medizinischen, pflegerischen und heilpädagogischen Massnahmen sowie alle Entscheide rund um die Gesundheit und alle privaten  Angelegenheiten. Auch das Annehmen und Ausschlagen von Erbschaften gehören zur Personensorge. Ein weiterer Bestandteil ist das Alltagsleben in der Wohn- und Pflegeeinrichtung: Die beauftragte Person ist Ansprechperson des Heims bei der Regelung der Betreuungssituation. Sie lässt das Personal wissen, was die individuellen Vorlieben ihrer Auftraggeberin oder ihres Auftraggebers sind. Die beauftragte Person unterstützt die Auftraggeberin oder den Auftraggeber in allen persönlichen Belangen. Sie kümmert sich darum, dass der Lebensunterhalt gedeckt ist (was auch der Vermögenssorge zugeordnet werden kann), erledigt den Postverkehr, sorgt sich um die Verträge betreffend die Telekommunikation und stellt Anträge an Versicherungen und Behörden.

Vermögenssorge

Die mit der Vermögenssorge beauftragte Person wahrt die vermögensrechtlichen Interessen der urteilsunfähigen Person. Sie verwaltet das laufende Einkommen, wickelt den Zahlungsverkehr ab (Zahlungen entgegennehmen und ausführen, Forderungen eintreiben), füllt die Steuererklärung aus usw. Auch die Vermögensanlage, der Verkehr mit den Banken und die Verfügungsvollmacht über die Konten gehören zur Vermögenssorge.

Vertretung im Rechtsverkehr

Die Vertretung im Rechtsverkehr gibt der beauftragten Person das Recht, die urteilsunfähige Person nach aussen, das heisst gegenüber Behörden, Gerichten und Privaten, zu vertreten. Sie umfasst auch den Abschluss und die Kündigung von Rechtsgeschäften oder ähnliche Handlungen. Die beauftragte Person darf also für die urteilsunfähige Person Miet-, Versicherungs- und andere Verträge abschliessen oder kündigen. Sie ist zuständig für den Vertrag mit der Wohn- und Pflegeeinrichtung und stellt Anträge bei den Privat- und Sozialversicherungen, etwa dann, wenn es um Ergänzungsleistungen oder Renten geht. Die beauftragte Person darf auch Grundstückgeschäfte abschliessen oder Gerichtsprozesse führen. Es wird jedoch empfohlen, dies im Vorsorgeauftrag auch ausdrücklich festzuhalten.

Handschriftlich abfassen, sinnvoll aufbewahren

Theoretisch kann man einen Vorsorgeauftrag im stillen Kämmerlein verfassen und bestmöglich dafür sorgen, dass er aufgefunden wird, wenn ein Ereignis eintritt, das zur Urteilsunfähigkeit führt. Aber besser ist, den Vorsorgeauftrag mit der beauftragten Person detailliert zu besprechen, ihr eine Kopie davon abzugeben und sie darüber zu informieren, wo das Original aufbewahrt wird. Genau wie beim Testament gilt, dass ein Vorsorgeauftrag handschriftlich abgefasst und mit Datum und Unterschrift versehen sein muss. Eine andere Möglichkeit ist die öffentliche Beurkundung. Zudem besteht die Möglichkeit, den Aufbewahrungsort dem Zivilstandsamt zu melden.

Problem der Anerkennung

Im Zusammenhang mit finanziellen Fragen ist noch ein weiterer Aspekt zu beachten. Banken brauchen die Sicherheit, dass sie im Umgang mit den Finanzwerten ihrer Kunden korrekt handeln. Deshalb erkennen sie einen Vorsorgeauftrag erst an, wenn er von der KESB offiziell für gültig erklärt wurde. Das kann fallweise mehrere Monate dauern. In dieser Zeit kann der Vorsorgebeauftragte weder Rechnungen begleichen, noch andere Bankgeschäfte abwickeln. Durch eine Bankvollmacht lässt sich dieses Problem vermeiden. Das geht aber nur, wenn man der beauftragten Person grosses Vertrauen entgegenbringt: Die Vollmacht ist nämlich ab dem Ausstellungsdatum vollumfänglich gültig.

Braucht ein Ehepaar einen Vorsorgeauftrag?

Für Ehegatten und eingetragene Partner gilt das gesetzliche Vertretungsrecht. Es gewährt einen gewissen Handlungsspielraum, beschränkt sich aber vor allem auf wirtschaftliche Alltagsfragen. Darunter fallen:

  • alle Rechtshandlungen zur Deckung des üblichen Unterhaltsbedarfs,
  • die ordentliche Verwaltung des Einkommens und des Vermögens,
  • nötigenfalls die Öffnung und Erledigung der Post.

Für Rechtshandlungen ausserhalb dieses Rahmens (z.B. Grundstückgeschäfte, Wertschriftenhandel, unternehmerische Entscheide, Gerichtsprozesse usw.) muss – wenn kein Vorsorgeauftrag vorliegt –die Zustimmung der KESB eingeholt werden. Diese entscheidet auch, falls Zweifel entstehen, ob die betroffene Person tatsächlich urteilsunfähig geworden ist. Ferner entzieht sie die Vertretungsbefugnis, wenn die Interessen der urteilsunfähigen Person gefährdet sind.

Damit das Unternehmen weiterläuft

Der Vorsorgeauftrag ist auch ein sehr geeignetes Instrument zur Krisenvorsorge von Unternehmen. Hier kann der Krisenfall – eine plötzliche Urteilsunfähigkeit des Inhabers und Geschäftsführers – ganz gravierende Folgen auf die Führung und damit auf die Prosperität des Unternehmens haben. Ein von der KESB eingesetzter Beistand ist nicht in jedem Fall von Vorteil. Es lohnt sich daher für alle Unternehmer bzw. Unternehmerinnen, das Szenario der eigenen Urteilsunfähigkeit rechtzeitig zu bedenken. Mit einem Vorsorgeauftrag können geeignete Personen bestimmt und massgeschneiderte Weisungen für die Weiterführung des Unternehmens erteilt werden. Es lohnt sich diesbezüglich, mit dem Treuhänder oder einer anderen Vertrauensperson ein Krisenszenario zu erarbeiten.
 

Broschüre Vorsorge

Vorsorgeauftrag – ein praktischer Leitfaden

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